Moderne Wundbehandlung erspart den Patienten Leid
Schlecht heilende, möglicherweise infizierte Operationswunden und chronische Wunden wie z.B. Druckgeschwüre (Dekubiti) können für die betroffenen Patienten und auch für ihre Angehörigen eine erhebliche Belastung darstellen. Um das zu vermeiden, ist es wichtig, die Wunde von vornherein sachgerecht zu versorgen.
Inhaltsverzeichnis
Bei alten Menschen wird die Wundheilung durch Erkrankungen oder Durchblutungs- oder Stoffwechselstörungen behindert.
Wunden heilen im Alter schlechter
Die Wundheilung ist ein komplexer Vorgang und verläuft in mehreren Phasen; an dem Prozess ist eine Vielzahl unterschiedlicher Zellen beteiligt, wie zum Beispiel Fresszellen des Immunsystems und neue Hautzellen. Bei alten Menschen sind die Bedingungen für die Wundheilung nicht optimal. Erkrankungen oder hemmende Einflüsse wie Durchblutungs- oder Stoffwechselstörungen können die Wundheilung behindern. Und alte Patienten leiden zumeist an einer oder mehreren Erkrankungen (z.B. Diabetes). Hinzu kommt, dass die Wundheilung bei älteren Menschen auch aufgrund des physiologischen Alterungsprozesses der Haut gehemmt ist: Die Hautzellen teilen sich langsamer, die Immunantwort fällt schwächer aus, die Hautgefäße haben sich zahlenmäßig verringert und sind oft nicht mehr durchgängig, die Kollagenfasern in der Haut sind vermindert, etc. Die Wunde heilt nur verzögert oder manchmal auch gar nicht. Derartige Wundheilungsstörungen (z.B. bei orthopädischen Operationen) können jedoch zu einer Gefährdung des Operationsergebnisses und somit zu einer langwierigen Behandlung führen. Das unterstreicht, wie wichtig ein optimales Wundmanagement ist.
Wundreinigung als Basis der Wundbehandlung
Wie bei chronischen Wunden ist auch bei frischen Operationswunden neben der Infektionsprophylaxe mit antiseptischen Wundspülungen die Wundreinigung (Débridement) der erste Schritt bei der Wundbehandlung. Wundreinigung bedeutet, dass Wundbeläge z. B. mittels sogenannter Löffel entfernt werden. Sie werden quasi herausgeschält. Fibrin-haltige Wundbeläge, wie sie bei einer gehemmten Wundheilung auftreten, stören die Mikrozirkulation des Blutes und können die Wundheilung zum Erliegen bringen. Durch die gestörte Mikrozirkulation bildet sich mehr Wundsekret, was zu weiterer Belagbildung führt. An der Wundoberfläche und am Wundrand stirbt intaktes Gewebe ab, das entfernt werden muss.
Calciumalginat wird aus Algen gewonnen. Es bildet bei der Reaktion mit dem Wundsekret ein Gel, das die Wunde feucht hält.
Zusätzlich zur Wundreinigung mit Löffeln werden Calciumalginat-Kompressen zur Versorgung oberflächlicher und tieferer Wunden verwendet. Calciumalginat bildet bei seiner Reaktion mit dem Wundsekret ein Gel, das die Wunde feucht hält, die Wundheilung begünstigt und das Verkleben des Verbandmaterials mit der Wunde verhindert. Außerdem begünstigt es die Ablösung des Fibrinbelages, wodurch die Wunde zusätzlich gereinigt wird. Sollte bereits eine Infektion der Wunde vorliegen (erkennbar an einer Ödembildung und der Rötung der Wundränder), wird Calciumalginat mit Silberanteilen verwendet. Silber hat eine antibakterielle Wirkung.
Feuchte Wunden heilen besser
Die Wundreinigung sollte so lange täglich erfolgen, bis die Wunde völlig belagfrei ist. Überall dort, wo die Wundflächen sauber sind, ist die Bildung neuen Gewebes (Granulation) möglich. Das neu gebildete, körnig aussehende Granulationsgewebe füllt die Wunde von unten und ist von vielen Blutgefäßen durchzogen. Sein körniges Aussehen entsteht durch jene kleinen roten Fleischwärzchen, die auf dem Grund einer Wunde sichtbar sind. Mit der Gewebeneubildung fängt die Wunde an, sich langsam zusammenzuziehen, und schließlich bildet sich über dem Granulationsgewebe eine neue Hautschicht. Diesen Vorgang bezeichnet man als Epithelisation. Dafür ist ein gut ausgebildetes feuchtes Granulationsgewebe wichtig.
Während man vor 20 Jahren noch ganz auf die trockene Wundheilung setzte, ist inzwischen bekannt, dass die normale Wundheilung im feuchten Milieu schneller abläuft, da die neuen Hautzellen besser wandern können. Die trockene Versorgung einer Wunde gilt heute als Therapiefehler! Eine wichtige Voraussetzung für eine adäquate Wundheilung ist die phasengerechte Anwendung synthetischer Verbände. Die Produktauswahl orientiert sich am Wundstatus und der Wundsekretmenge. Wichtig ist, dass der synthetische Wundverband durchlässig für Sauerstoff, Wasserdampf und Kohlendioxid ist und gleichzeitig Schutz vor Schmutz, Druck, Reibung und Wärmeverlust bietet sowie das Wundsekret aufnimmt. Auch soll der Verband Schmerz und Juckreiz vermindern, ein geringes allergenes Potenzial aufweisen, mehrere Tage auf der Wunde verbleiben können und ohne große Beschwerden für den Patienten zu wechseln sein.
Wärme begünstigt Wundheilung
Während der Wundheilung werden Wachstumsfaktoren aus Entzündungs- und Gewebezellen freigesetzt; sie regulieren den komplexen Heilungsverlauf. Bei Wundheilungsstörungen ist die Menge an Wachstumsfaktoren zu gering. Neuerdings können in diesem Fall gentechnisch hergestellte Wachstumsfaktoren verwendet werden. Außerdem weiß man inzwischen, dass Operationswunden durch eine Bestrahlung mit Infrarotlicht (2-mal täglich je 20 Minuten) besser heilen. Die Erwärmung bis in tiefe Gewebsschichten fördert die Durchblutung und Sauerstoffversorgung des Wundgewebes.
Druckgeschwüre vermeiden
Von einer chronischen Wunde spricht man, wenn eine Wunde auch nach vier bis 12 Wochen noch nicht verheilt ist. Druckgeschwüre (Dekubiti) sind typische chronische Wunden. Sie entstehen, wenn der Auflagedruck größer ist als der Blutdruck in den Blutkapillaren des betreffenden Versorgungsgebietes. Bettlägerige und bewegungseingeschränkte Patienten haben ein hohes Risiko für Dekubiti. Die Wundbehandlung ist bei Druckgeschwüren prinzipiell die Gleiche wie bei Operationswunden. Allerdings werden chronische Wunden oft schlechter versorgt als Operations- und Verletzungswunden. Nach Eigenauskunft von 800 befragten Ärzten Anfang 2008 werden nur etwa 60 Prozent dieser Patienten mit modernen feuchten Wundauflagen behandelt.
Bettlägerige Patienten haben ein hohes Risiko Druckgeschwüre zu bekommen. Häufiges Umlagern und verschiedene Lagerungshilfen können dagegen helfen.
Natürlich ist es am besten, wenn Druckgeschwüre durch Druckentlastung, frühe Mobilisation der Patienten und durch den Ausgleich einer Fehlernährung (eiweiß- und vitaminreiche Ernährung ist wichtig!) von vornherein vermieden werden können. Druckentlastung ist z. B. durch häufigeres Umlagern (mindestens alle zwei Stunden) möglich. Es gibt auch eine Reihe von Lagerungshilfen, wie Kissen und Keile. Außerdem kann der Auflagedruck durch Weichlagerungssysteme (Antidekubitussystem ADS) verringert werden. Allerdings muss man im Umgang mit einem Antidekubitussystem vorsichtig sein, denn eine extreme Druckentlastung kann zu einer Erhöhung der Muskelspannung, zu Fehlhaltungen und zu einem Verlust des Körpergefühls führen. Jeder Patient benötigt deshalb seinen ganz individuellen Lagerungsplan, an dessen Aufstellung sowohl Pfleger als auch Ärzte und Physiotherapeuten beteiligt sein sollten.
Hat sich trotz aller prophylaktischen Maßnahmen ein Dekubitus gebildet, dann ist zu beachten, dass ein Druckgeschwür u. a. aufgrund des Sauerstoffmangels im betroffenen Gewebe besonders anfällig für Infektionen ist. Außerdem muss vorab das abgestorbene Wundgewebe (Nekrose) entfernt werden, weil es die Wundheilung behindert und Entzündungen fördert. Bei großen Nekrosen erfolgt die Gewebeentfernung durch einen chirurgischen Eingriff, bei kleineren Nekrosen können physikalische, bio-chirurgische (z. B. mit Maden) oder enzymatische Verfahren eingesetzt werden.
Ganz wichtig bei der Behandlung von chronischen Wunden wie dem Dekubitus ist die Schmerztherapie. Druckgeschwüre sind hochempfindlich und oft entzündet. Sie verursachen Schmerzen, die unbedingt ausreichend therapiert werden müssen.
Aufgepasst: Problemwunden sind oft hausgemacht
MRSA-Bakterien sind gegen mehrere Antibiotika resistent.
Falls eine Wunde trotz aller Anstrengungen (Antibiotikagabe etc.) nicht heilt, sollte man überprüfen, ob sie mit bestimmten Bakterien MRSA (Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus), die gegen mehrere wichtige Antibiotika resistent sind, infiziert ist. Der Problemkeim ist inzwischen in Krankenhäusern sowie in Alten- und Pflegeheimen weit verbreitet – ein großes Hygieneproblem mit weit reichenden Folgen. MRSA-Infektionen erhöhen die Sterblichkeit und Krankheitshäufigkeit. Durch eine MRSA-Infektion kann eine Wunde zu einer echten Problemwunde werden. In verschiedenen Universitätskliniken gibt es Spezialwundambulanzen, in denen auch MRSA-infizierte Wunden behandelt werden.
So lässt sich ein folgenschwerer Sturz vermeiden
Im Alter erhöht sich die Sturzgefahr.
Eine wichtige Aufgabe der Modernen Altersmedizin ist die Sturzprophylaxe. Die Sturzgefahr ist im Alter nachweislich erhöht: In Privathaushalten stürzen jährlich 30 % der über 65-Jährigen und 40 % der über 80-Jährigen mindestens einmal pro Jahr. Bei Menschen, die in Alten- und Pflegeheimen wohnen, liegt die Sturzhäufigkeit sogar bei 60–70 %.
Wenn ältere Menschen stürzen, ziehen sie sich aber oftmals Frakturen, wie z.B. einen Schenkelhalsbruch, zu. Bei so manchem Patienten führt dies dazu, dass er seine selbstständige Lebensweise aufgeben muss und im Senioren- oder Pflegeheim betreut wird. Deshalb ist es wichtig, Risiken, die die Sturzgefahr erhöhen, frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern.
Ein Sturz führt häufig zu Bettlägerigkeit
Etwa 5 % aller Stürze haben einen Knochenbruch zur Folge, 1–2 % davon sind Oberschenkelhalsbrüche. Frauen sind von Brüchen deutlich häufiger betroffen, was auf die bei Frauen häufiger auftretende Osteoporose zurückzuführen ist.
Bei etwa fünf Prozent der Stürze kommt es zu einem Knochenbruch.
Etwa 11 % der Patienten sterben infolge des Bruches und der Operation, innerhalb eines Jahres sogar 25 %. Schließlich schwächt die lange Bettlägerigkeit den Körper enorm und erhöht die Gefahr einer Lungenentzündung, einer Thrombose sowie schwerer Druckgeschwüre (Dekubiti). In Deutschland stehen Stürze an sechster Stelle der Todesursachen! Dazu kommt, dass sich 5–10 % der gestürzten Patienten schwere Weichteilverletzungen zuziehen, die oft zu Krankenhausaufenthalten und Unbeweglichkeit führen.
Außerdem haben Stürze oft psychische und soziale Folgen: Wer einmal gestürzt ist, verliert leicht das Selbstvertrauen und bewegt sich nicht mehr so wie vor dem Sturz. Viele Patienten berichten, dass sie nach einem Sturz Angst vor einem erneuten Sturz entwickelt haben und deshalb oft ihre Aktivitäten reduzieren. Jeder fünfte Sturz-Patient trägt so schwerwiegende Folgen davon, dass ein Umzug in ein Pflegeheim unvermeidlich wird. Deshalb ist es wichtig, Stürze von vornherein zu vermeiden. Indem man die möglichen Risikofaktoren für Stürze versucht zu minimieren, kann man einiges für die Sturzprophylaxe tun.
Warum sich das Sturzrisiko im Alter erhöht
Wir müssen ständig unsere Haltung korrigieren, um uns gezielt bewegen zu können und nicht hinzufallen. Eine rasche Wahrnehmung und Reaktion sind notwendig, um auf wechselnde Umgebungsbedingungen bei der Bewegung im Raum reagieren zu können. Mehrere Systeme tragen zur Aufrechterhaltung unserer Körperhaltung im Liegen, Sitzen, Stehen, Gehen und Laufen bei.
Dies ist ein komplizierter und störanfälliger Regelkreis, der sich zusammensetzt aus:
- der Wahrnehmung über die Augen, des Gehör und die Sensibilität,
- der Weiterleitung und Verarbeitung dieser Wahrnehmungen im Gehirn und
- der Reaktion der Muskeln.
Alle diese Prozesse müssen so miteinander verknüpft sein, dass eine sinnvolle und gezielte Reaktion auf äußere Einflüsse möglich ist.
Die Abnahme der Haarzellen im Gleichgewichtsorgan des Innenohrs führt zu einem höheren Sturzrisiko.
Mit zunehmendem Alter nehmen einige körperliche und geistige Leistungen ab, so zum Beispiel die Muskelkraft, das Seh- und Hörvermögen, das Reaktionsvermögen und die Koordination. Dadurch fällt es älteren Menschen schwerer, in bestimmten Situationen schnell und angemessen zu reagieren. Zudem können Krankheiten das Sturzrisiko erhöhen. Im Detail:
- Im visuellen System: Die Sehschärfe nimmt ab, ebenso die Tiefenwahrnehmung, der Kontrast und die Dunkeladaptation.
- Im Gleichgewichtsorgan: Die Zahl der Haarzellen im Innenohr nimmt ab.
- Im propriorezeptiven System (der Bewegungssinn): In den unteren Extremitäten nimmt die Sensitivität ab. Deshalb unterbleibt eine schnelle Aktivierung der Gelenkkraft der unteren Extremitäten bei Haltungsstörungen. Ein alter Organismus reagiert verzögert auf einen äußeren Störfaktor, wie etwa eine Teppich- oder eine Bordsteinkante. Das Gleichgewicht kann oft nicht gehalten werden, weil das Hemmnis zu spät wahrgenommen wird und die Reaktion zu träge und zu schwach ist – der alte Mensch stürzt nach einem Stolperer eher als ein junger Mensch. Ungünstige äußere Faktoren wie schlechtes Licht, Gefahrenquellen in der Wohnung, glatter Untergrund und falsches Schuhwerk begünstigen Stürze.
Die Selbstständigkeit und damit die Lebensqualität sind maßgeblich von einer sicheren Bewegung abhängig.
So verändert sich der Gang im Alter
Ältere Menschen gehen anders als jüngere. Die Übergänge zu einer Gangstörung sind fließend und nicht immer auf den ersten Blick erkennbar.
Von der Gehgeschwindigkeit kann relativ gut auf eine Gangstörung rückgeschlossen werden: Bei einer ausgeprägten Störung ist der Gang deutlich langsamer, eine gewisse Verlangsamung mit zunehmendem Alter dagegen ist normal. Von der Gehgeschwindigkeit ist die Bewältigung der Aktivitäten des täglichen Lebens, z.B. die Toilette zu erreichen, abhängig.
Im Alter verändert sich der Gang, beispielsweise in Geschwindigkeit, Schrittlänge oder Fußabrollen.
Typische Merkmale des Ganges in höherem Alter sind:
- kürzere Schrittlänge
- geringere Geschwindigkeit
- längerer Stand auf beiden Füßen
- geringere Bewegung in den Gelenken
- geringeres Abrollen des Fußes
- weniger kräftiges Abstoßen des Fußes
- vorgebeugter Rumpf
- geringeres Mitschwingen der Arme.
Um beurteilen zu können, ob eine Gangstörung vorliegt, ist eine fächerübergreifende Diagnostik notwendig. Dazu gehört die Suche nach medizinischen Gründen, die in bestimmten Krankheiten liegen können, z.B. ein Schlaganfall. Wichtig ist zudem, dass der Arzt oder die Physiotherapeutin die Bewegungen des Patienten im Raum beobachtet und die Bewegungsgeschwindigkeit misst.
Gangstörungen ernst nehmen
Eine Abnahme der Gehgeschwindigkeit hat an sich keinen Krankheitswert. Es ist entscheidend, zu untersuchen, ob sich daraus Probleme bei der Bewältigung des Alltags ergeben und ob die Neigung, zu stürzen, erhöht ist.
Krankheiten, die mit einer typischen Gangstörung einhergehen, sind z.B.:
- die Parkinsonkrankheit: extrem kleine Schritte (Tippelschritte), nach vorn gebeugter Oberkörper, fehlendes Mitschwingen der Arme
- die Peroneusparese (Lähmung des Fußhebernerven): Sie führt zum Steppergang, einige sprechen auch vom Storchengang: Der Patient kann den schlaff herabhängenden Fuß nicht abrollen und hebt ihn deshalb bei jedem Schritt – wie ein Storch – nach oben, um ein Stolpern zu verhindern.
- der Schlaganfall mit Halbseitenlähmung: Der Patient schwingt das gelähmte Bein beim Gehen halbkreisförmig nach außen, der gelähmte Arm ist angewinkelt an den Oberkörper gepresst (Wernicke-Mann-Gang).
Jede Veränderung an dem am normalen Gang beteiligten System kann zu einer Gangstörung führen – von verminderter Sehkraft über verminderte Koordinationsfähigkeit bis hin zu Muskelschwäche. Je mehr Systeme betroffen sind, desto eher wird sich eine Gangstörung entwickeln. Wenn die Gangstörung nicht sehr typisch oder ausgeprägt ist, wird sie häufig verkannt und fälschlicherweise als normale Alterserscheinung abgetan. Dabei wird vergessen, dass oft schon durch kleine Veränderungen (z.B. eine passende Brille) eine entscheidende Verbesserung des Ganges möglich ist. Außerdem können Menschen in jedem Alter ihre Ausdauer, Kraft und Koordination trainieren und verbessern.
Wer diese Möglichkeiten nutzt, kann Stürze häufig vermeiden.
Medikamente können das Sturzrisiko erhöhen
Viele Medikamente können die Wahrnehmung, die Orientierung und den Kreislauf beeinträchtigen. Deshalb muss der Arzt nach einem Sturz den Patienten auch fragen, welche Medikamente er einnimmt (Medikamentenanamnese). Beispielhaft sollen hier einige Medikamentengruppen genannt werden, die das Sturzrisiko vergrößern können:
Schlaf- und Beruhigungsmittel:
Diese können bei älteren Menschen stärker oder auch länger wirken als bei jüngeren. Die Wahrnehmung kann somit bei älteren Frauen und Männern, die Schlaf- oder Beruhigungsmittel einnehmen, sehr eingeschränkt sein. Die Gefahr zu stürzen nimmt beispielsweise deutlich zu, wenn der Betroffene nachts aufwacht und aufstehen will. Dann kommen zusätzlich zur Dunkelheit noch Schläfrigkeit und Desorientiertheit durch das Medikament hinzu. Im Krankhaus erhöht außerdem die ungewohnte Umgebung nachts das Sturzrisiko.
Blutzuckermedikamente:
Wenn keine regelmäßige Blutzuckerkontrolle stattfindet oder die betreuende Person unzureichend über Warnzeichen einer Unter- oder Überzuckerung aufgeklärt ist, kann es durch Blutzuckermedikamente zu Stoffwechselentgleisungen kommen. Ein zu hoher oder ein zu niedriger Blutzucker erhöht das Sturzrisiko, weil er oft mit Schwindel und Zittern – im schlimmsten Fall sogar mit Bewusstlosigkeit – einhergeht.
Herzmedikamente:
Einige können z. B. den Blutdruck senken und zu Herzrhythmusstörungen führen. Als Folge davon können Schwindel und Gangunsicherheit auftreten.
Viele Krankheiten begünstigen Stürze
Trinken, trinken, trinken – ältere Patienten bekommen diesen Ratschlag bei fast jedem Arztbesuch zu hören. So oft dieser Tipp auch wiederholt wird: Es lohnt sich, ihn trotz fehlenden Durstgefühls zu beherzigen. Ein Flüssigkeitsmangel beeinträchtigt nicht nur Blasen-, Nieren- und Darmfunktion: Er kann sogar das Sturzrisiko erhöhen, denn oftmals führt er zu einem Blutdruckabfall und damit zu Müdigkeit, Schwindel und Kopfschmerzen. Mit dem Trinken sollte man es aber auch nicht übertreiben. Etwa 1,5 bis 2,0 Liter täglich reichen aus, mehr muss es bei den meisten alten Menschen nicht sein. Denn eine zu große Trinkmenge kann eine Überaktivität der Blase zur Folge haben.
Krankheiten des Nervensystems wie Demenz, Schlaganfall oder Parkison erhöhen das Sturzrisiko.
Folgende Erkrankungen könne das Sturzrisiko ebenfalls erhöhen:
Krampfanfälle (Epilepsie), Störungen des Gleichgewichtssinns, Nervenschädigungen durch Diabetes (Polyneuropathie), die sich meistens auch auf den Tastsinn der Füße auswirken, sodass der Betroffene den Untergrund nicht mehr so gut erspüren kann, Depression, Schwäche durch – auch kurze – Bettlägerigkeit, Blutarmut, Alkoholmissbrauch. Weiterhin:
Krankheiten des Nervensystems: Krankheiten wie Demenz, Schlaganfall, Parkinson, Krampfanfälle oder Verwirrtheit können zu unterschiedlich stark ausgeprägten Störungen führen. Die Probleme reichen von Fehleinschätzungen der Situation oder des eigenen Könnens bis zur Unfähigkeit, bestimmte Bewegungen auszuführen. Damit sind Stürze fast vorprogrammiert.
Krankheiten des Herz- und Kreislaufsystems: Auch Herzkrankheiten, wie Herzrhythmusstörungen, niedriger Blutdruck oder koronare Herzkrankheiten können das Befinden und die Befindlichkeit so sehr beeinträchtigen, dass Betroffene leichter stürzen. Nicht selten tritt ein kurzzeitiger Bewusstseinsverlust (Synkope) auf, dessen Ursache sehr genau abgeklärt werden muss.
Stürze: Unbedingt nach den Ursachen suchen
Es gibt zahlreiche Ursachen für Stürze. Oft erinnert sich der Gestürzte auch gar nicht genau, was den Vorfall herbeigeführt hat. Und manche verschweigen den Sturz aus Furcht vor ungewollten Folgen, wie einem Umzug ins Pflegeheim. Trotzdem sollte jeder einzelne Sturz für Angehörige oder andere Betreuer Anlass sein, genau nach dem Hergang zu fragen.
Folgende Fragen sind wichtig, zu klären:
Ist der Sturz mit einer Bewusstlosigkeit einhergegangen? Wenn dies der Fall war, müssen vor allem Herz-Kreislauf-Krankheiten (z.B. Herzrhythmusstörungen) und Krankheiten des Nervensystems (z.B. ein Krampfanfall) ausgeschlossen werden. Allerdings ist eine plötzliche Bewusstlosigkeit nur in weniger als 10 % der Fälle Auslöser für einen Sturz im Alter.
Lagen Umstände vor, die auch Personen ohne Gehstörung zum Stürzen gebracht hätten – etwa Glatteis oder ein defekter Tritt (etwa 5 %)?
Hat es ein bestimmtes Ereignis gegeben, das den Sturz eindeutig erklären kann? Im Alter passieren Stürze am häufigsten bei Lagewechseln (Aufstehen, Hinsetzen, Drehungen etc.), aber auch Stolperfallen in der Wohnung oder im Treppenhaus müssen stets in Betracht gezogen werden.
Sind Sie oder ein Angehöriger sturzgefährdet?
Stürze können schwerwiegende Folgen haben. Es ist deshalb ratsam, das persönliche Sturzrisiko einzuschätzen, um beeinflussbare Gefahrenquellen auszuschalten oder abzumildern. Eine einfache Checkliste hilft bei der Einschätzung des persönlichen Sturzrisikos. Der Kriterienkatalog bietet auch Angehörigen, die sich um ein älteres Familienmitglied sorgen, Anhaltspunkte.
Was Sie tun können, um das Sturzrisiko zu verringern:
Stolperfallen beseitigen
Versteckte Gefahrenquellen lauern in vielen Wohnungen. Mit den folgenden Maßnahmen können Sie das Sturzrisiko jedoch wesentlich verringern:
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Teppichkanten sind tückische Stolperfallen.
Schalten Sie Stolperquellen aus. Das kann z.B. bedeuten, lose Teppiche entweder am Boden anzukleben oder auf diese ganz zu verzichten und Auslegware zu bevorzugen. Auch lose im Raum liegende Kabel müssen, ggf. mit Hilfe von Verlängerungskabeln, unter Möbelstücken oder am Zimmerrand sicher befestigt werden. Zu empfehlen sind schnurlose Telefone: Einerseits entfällt die Stolpergefahr durch das Kabel, andererseits können Sie das Telefon immer mit sich führen. So können Sie im Notfall schnell Hilfe holen. Verschiedene Organisationen bieten auch Notrufsysteme an.
Dinge, die Sie oft benutzen, sollten Sie so unterbringen, dass sie jederzeit leicht erreicht sind. Benutzen Sie keinen Stuhl, wenn Sie Gegenstände etwa oben auf dem Regal erreichen wollen, sondern einen trittfesten Schemel oder eine stabile Leiter.
Stühle, Sessel, Sofa und Toilette müssen die richtige Sitzhöhe haben, um ein einfaches Aufstehen und Hinsetzen zu gewährleisten.
Badewanne und Dusche sollten mit rutschfesten Matten versehen werden. Sinnvoll sind auch Haltegriffe, die das Ein- und Aussteigen sicherer machen. Eventuell ist der Einbau spezieller Badewannensitze angebracht.
Ganz allgemein gilt: Je aktiver Sie oder Ihr Angehöriger im täglichen Leben sind, desto besser sind Sie gegen Stürze gewappnet. Wichtig sind Kraft, Koordination und – nicht zu vergessen – Lebensfreude.
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Glossar
Calciumalginat
Das Calciumsalz der Alginsäure, die von Braunalgen und einigen Bakterien gebildet wird. Alginat findet vor allem als Verdickungs- und Geliermittel Verwendung.
Demenz
Syndrom verschiedener Krankheiten, in deren Verlauf es zu einem fortschreitenden Verlust der geistigen Leistungsfähigkeit kommt.
Dunkeladaptation
Nachtsehen; die Anpassung des Auges an Dunkelheit verläuft viel langsamer als die Helladaptation.
Fibrin
Eiweiß, das das wundverschließende Blutgerinnsel bildet
Kollagenfasern
Strukturprotein des Bindegewebes. Im menschlichen Körper ist Kollagen mit über 30 % Anteil am Gesamtgewicht aller Eiweiße das am meisten verbreitete Eiweiß. Es ist Bestandteil von Knochen, Zähnen, Haut, Knorpel, Sehnen, Bändern etc. Kollagenfasern haben eine enorme Zugfestigkeit und sind nicht dehnbar.
Ödem
Schwellung des Gewebes aufgrund der Einlagerung von Wasser
Osteoporose
Verminderung des Knochengewebes bei erhaltener Knochenstruktur durch gesteigerten Knochenabbau und/oder verminderten Knochenanbau. Erhöhtes Bruchrisiko.
Parkinson-Krankheit (Morbus Parkinson)
Eine langsam fortschreitende Erkrankung des Nervensystems mit folgenden Symptomen: Muskelzittern, verlangsamte Bewegungen, erhöhte Muskelstarre bis hin zur Bewegungslosigkeit. Verursacht werden diese Symptome durch fortschreitenden Nervenzellabbau des Gehirns und daraus folgenden Mangel an einem wichtigen Botenstoff, dem Dopamin.
Schlaganfall (Apoplexie)
Bei einem Schlaganfall ist ein Blutgefäß, das das Gehirn mit Blut versorgt, durch einen lokal entstandenen oder über die Blutbahn eingeschleppten Blutpfropf verstopft. Eine weitere mögliche Ursache für einen Schlaganfall ist ein im Gehirn geplatztes Blutgefäß und eine dadurch verursachet verursachte Gehirnblutung. Je nachdem, wo die Störung liegt, treten unterschiedliche Beschwerden wie z.B. halbseitige Lähmungen, Sprach- und Schluckstörungen auf.
Sensitivität
Empfindlichkeit
Staphylococcus aureus
Gram-positives Bakterium. S. aureus kommt bei vielen Menschen auf der Haut und in den oberen Atemwegen vor. Bekommt der Keim durch günstige Bedingungen oder ein schwaches Immunsystem die Möglichkeit, sich auszubreiten, drohen schwere Infektionen bis hin zu lebensbedrohlichen Erkrankungen. Besonders gefährlich sind jene Stämme von S. aureus, die gegen mehrere wichtige Antibiotika Resistenzen erworben haben (MRSA-Stämme).
Thrombose
Bei einer Thrombose bilden sich Blutgerinnsel, die sich an den Venenwänden festsetzen und das Blutgefäß verstopfen. Es kommt zum Gefäßverschluss. Eine Thrombose in den Venen wird begünstigt, weil wenn das Blut aus unterschiedlichen Gründen in den Venen langsamer als in den Arterien fließt. Lebensgefährlich werden diese Blutgerinnsel, wenn sie sich ablösen und in die Lunge geschwemmt werden.